Hundertmal die gelbe Gefahr

Stuttgarter Zeitung online v. 02/2005

Hundert Ausgaben "Simpsons Comics": Das ist auf dem deutschen Comicmarkt eine Sensation. Im Oktober 1996 erschien das erste Heft. Begleitet von der Cartoonserie im TV wurde auch das Comicheft ein Erfolg. Derzeit aber leidet die Auflage an veränderten Vorlieben deutscher Jugendlicher.

Stuttgart - Viel ist passiert zwischen Ausgabe 1 und Ausgabe 100 des Simpsons-Comicheftes. Oder - um es in kalendarische Daten zu kleiden - zwischen dem Oktober 1996 und dem Februar 2005. Aus dem Stuttgarter Dino-Verlag, der Mitte der neunziger Jahre mit frechen Fan- und Comic-Produkten eine neue Form der Jugendkultur begleitete, ist mittlerweile die Stuttgarter Dependance der Panini Verlags GmbH aus Nettetal-Kaldenkirchen geworden. Die wiederum ist der deutsche Ableger eines italienischen Verlags- und Familienunternehmens, das vor der Dino-Übernahme vor allem mit Fanbildchen und anderen Merchandisingprodukten seine Euro verdiente.

Auch das Portfolio der Stuttgarter Dino Entertainment (so das heutige Markenlabel) hat sich in den letzten Jahren verändert - geblieben aber sind – und das ist wirklich wundersam - über all diese Wirrungen hinweg die kleinen gelben Einwohner aus Springfield. Ihren Fans sind sie besser bekannt als Homer, Bart, Lisa oder Maggie - oder auch als die Simpsons, Amerikas mit größter Wahrscheinlichkeit verrücktester und mit absoluter Sicherheit gelbester Familie.

In der hundertsten Ausgabe des deutschen Comic-Heftes haben sich Simpsons-Macher und mit ihr das Stuttgarter Comicteam nun noch einmal selbst übertroffen. Auf exakt 100 Comicseiten erzählen die Autoren in Rückblenden die Geschichte der kompletten Serie und decken dabei manches Geheimnis auf. Eine wirklich intelligente und natürlich stets witzige Selbtsbeschäftigung mit den Simpsons, deren Fans und dem Comicgenre.

Monatlich verkauft sich das deutsche Comicheft rund 130.000 Mal. "Es waren vor ein paar Jahren noch 230.000", sagt Max Müller, der Stuttgart-Chef der Panini-Dinos. Den Rückkgang erklärt er sich mit den veränderten Lesegewohnheiten der jungen Comicfans. Wo vor zehn Jahren noch Beavis & Butthead und die Simpsons mit ihrem Anarchohumor prächtig ankamen, haben längst japanische Manga-Heroen und amerikanische Superhelden (mal wieder) die Regie übernommen.

Auch Panini hat da kräftig mitgewirkt, doch für die Spaßschiene hat man neben zig Manga- und Heroes-Serien noch immer die Simpsons, deren Ableger Futurama und das vor ein paar Jahre reanimierte Mad-Magazin im Programm. In der Mischung scheinen diese Reihen überlebensfähig zu sein.

Für März ist jedenfalls schon die Ausgabe 101 der Simpsons Comics in der Mache. Und demnächst gibt es – für alte Fans und späte Neueinsteiger möglicherweise noch spannender – eine Classic-Reihe mit dem Nachdruck älterer Hefte.

Die Farbe gelb ist in Stuttgart anscheinend noch längst nicht fehl am Platze. Und das liegt wirklich nicht nur am Stadtwappen.


Thomas Schneider