Review "Die Simpsons - Der Film"
Erstmal vorweg...
Seit dem 26. Juli 2007 läuft der Simpsons Film nun endlich in den deutschen Kinos, vielerorts gab es jedoch bereits einen Tag früher die deutschsprachige Premiere zu sehen.
Seit 20 Jahren kann man die Simpsons nun im Fernsehen beobachten, solange wie keine andere Zeichentrickserie zuvor. Bereits nach dem Start der 2. Staffel im Jahr 1990 gab es Spekulationen, ob und wann es die Serie auch auf die große Leinwand schaffen würde. Viele Jahre lang gab es auf diese Frage immer nur die gleiche Antwort: Solange die Serie im Fernsehen läuft, wird es keinen Kinofilm geben! Mit der Zeit hat sich diese Ansicht geändert und im November 2003 begann schließlich die ernsthafte Arbeit an einem Drehbuch. Bis wenige Wochen vor Kinostart wurden immer wieder Dinge umgeschrieben, doch nun ist es tatsächlich soweit, der Simpsons Film hat es in die Kinos geschafft.
Am 25. Juli 2007 fand in vielen deutschen Städten die Premiere des Films in deutscher Sprache statt und nun stellt sich die Frage: Haben sich die 20 Jahre Wartezeit denn auch gelohnt? Aber der Reihe nach.
Der Film beginnt nicht mit dem üblichen, aus der Serie bekannten Vorspann, sondern mit einem kleinen aber feinen Itchy & Scratchy Cartoon. Dass die beiden im Film nicht fehlen durften ist selbstverständlich und so tötet die Maus die Katze auch in gewohnt routinierter Manier. Wer nun schon gedacht hat, der Vorspann würde ganz entfallen: Falsch gedacht. Allerdings gibt es einige Veränderungen im Vergleich zur Serie, die aber eher darin liegen, dass die Eröffnungssequenz erweitert wurde, und nicht in inhaltlichen Abweichungen. Auch der altbekannte Tafelspruch darf natürlich nicht fehlen, dieser ist mit I will not illegally download this movie zwar keine völlige Überraschung, aber angesichts der heutigen Zustände im Bereich der Film-Piraterie nicht unpassend. Dazu sei an dieser Stelle auch angemerkt, dass die Produzenten es geschafft haben, dass der Film vor Veröffentlichung nicht im Internet zu finden war, was wohl hauptsächlich ein Verdienst der großen Sicherheitsvorschriften an allen Stellen ist.
Nun zum Review..
Aber nun hinein in den Film. Der lange im Voraus angekündigte Gastauftritt der Band Green Day, inkl. einer netten Titanic-Parodie und dem damit verbundenen Hinweis, dass auch in Springfield das Umweltchaos regiert, deuten bereits auf den großen Handlungsbogen hin. Auch die Szene in der Kirche, in der mehrere Prophezeiungen für die Zukunft gemacht werden (was könnte eepa bloß bedeuten?), erhärten dies.
Zuhause spielen Homer und Bart ein Mutprobenspiel (im englischen das allseits bekannte I dare you), das wohl die meisten schon aus den Trailern kannten, in dessen Verlauf Bart erst beinahe vom Haus fällt und schließlich nackt durch Springfield skateboarden muss. Dass dabei jeder seinen "Schniedel" sehen kann, ist ihm unwichtiger, als gegen Homer zu verlieren und so beginnt eine aberwitzige Fahrt durch die Stadt, in dessen Verlauf zunächst durch die absurdesten Dinge sein bestes Stück verdeckt wird, es gegen Ende in einer kurzen Szene aber doch zu sehen ist. Genau diese Tatsache hat wohl auch dazu geführt, dass der Film in den USA nur die Freigabe PG-13 bekommen hat (in Deutschland mit FSK 12 zu vergleichen). Allerdings hätte das kürzen dieser Szene bzw. das von Matt Groening vorgeschlagene zensieren mit der Aufschrift only visible in Europe einigen Spaß aus Barts wilder Fahrt genommen.
Ein jähes Ende findet sein Ausflug darin, dass Chief Wiggum den nackten Bart an einen Laternenmast bindet und dort lässt, bis Homer ihn etliche Stunden später abholt (natürlich ohne ihm eine Hose mitgebracht zu haben, er ist ja nicht sein Hosenträger). Ohne Hose schleicht er in ein Fast-Food-Restaurant, wo gerade ein Werbespot mit Krusty und einem Schwein gedreht wird. Homer, der natürlich Mitleid mit dem armen Schwein hat, nimmt dieses ohne großes Nachfragen an sich und behandelt es von nun an besser als seinen Sohn. Dieser wendet sich in verständlicher Traurigkeit lieber an Ned Flanders, der ihm an Ort und Stelle auch eine Hose geben kann und so in Bart aufkommende Vatergefühle weckt.
Lisa setzt sich unterdessen gemeinsam mit ihrem neu gewonnenen Freund Colin für die Umwelt ein und versucht den Leuten klar zu machen, das der Lake Springfield eine einzige Müllhalde ist, die kurz vor dem Kollaps steht. In bester Al Gore-Manier aus Eine unbequeme Wahrheit vertritt sie vor der versammelten Stadt ihre Meinung und erreicht immerhin, dass der See abgesperrt wird. Dies kümmert Homer jedoch wenig und so läd er ein Silo voller Fäkalien (die nicht nur von seinem neuen Mitbewohner, dem Schwein, stammen) in den See, was in der prophezeiten Katastrophe endet. Damit ist dann auch der lange Anfangsteil des Films, der vorallem auf viele Gags aus ist und weniger für die Handlung tut, beendet, und der Hauptplot nimmt seinen Lauf.
Die epa, die amerikanische Umweltbehörde, zögert keinen Moment, und setzt Springfield unter Quarantäne bzw. unter eine Glaskugel, die die Stadt inkl. seiner Einwohner von der Außenwelt abschirmt. Die epa existiert tatsächlich, allerdings sind auch einige Ähnlichkeiten zu FEMA (der amerikanischen Behörde für Katastrophenschutz, die vorallem durch ihr langsames Reagieren nach dem Hurrikan Katrina in New Orleans Berühmtheit erlangt hat) zu erkennen. Dennoch scheint selbst die epa besser organisiert zu sein als FEMA.
Natürlich finden die Bürger Springfields schnell heraus wer der Schuldige ist und starten eine Hetzjagd auf Homer. Nur mit Hilfe von Maggie und einer Faulheit Homers entkommt die Familie dem mordlustigen Mob und findet über einen Jahrmarkt und Homers Motorradkünste den Weg nach Alaska. Die Familie lebt sich gut im nördlichsten Staat der USA ein, bekommt allerdings auch mit, dass Präsident Schwarzenegger (dessen österreichischer Akzent weniger störend ist als es im Trailer den Anschein hat) plant, Springfield zu zerstören und durch einen von Tom Hanks (der immerhin, im Gegensatz zur US-Version, seine bekannte Stimme hat) beworbenen neuen Grand Canyon zu ersetzen. Da man die alte Heimatstadt nicht komplett den skrupellosen Mächten des Landes überlassen möchte, beschließt die Familie Springfield zu retten. Wobei "Familie" übertrieben ist, Homer trennt sich in einer sentimentalen Szene vom Rest der Familie und bleibt alleine zurück. In einer Wanderung durch Alaska trifft er auf eine Schamanin, die ihm durch einen surrealen Traum, in dem u.a. Meisterwerke der Kunst wie Eschers Relativität oder Salvator Dalis Zerrinnende Zeit parodiert werden, die Augen öffnet, was im Leben wirklich zählt.
So reißt er also seiner Familie hinterher, die bald erkennt, dass es schlecht aussieht für Springfield und wohl nurnoch Homer die Stadt, die durch eine Bombe zerstört werden soll, retten kann. Zum Ende sei an dieser Stelle mal nichts verraten, allerdings muss noch erwähnt werden, dass (wer hätte es gedacht) natürlich nicht das komplette Simpsons-Universum vernichtet wird.
Meine Meinung
Die bildliche Umsetzung des Films ist keine große Überraschung. Alles ist im Stil der Serie gehalten, es gibt keine großen Veränderungen und man kann nur sagen, dass in dieser Hinsicht routinierte, aber wie immer gute Arbeit geleistet wurde. Erfreulich ist ebenfalls, dass alle bekannten deutschen Stimmen aus der Serie, bis hin zu Ralph, Lenny und Carl, übernommen wurden, dies ist bei Film-Adaptionen von TV-Serien leider keine Selbstverständlichkeit, ist daher also eine Erwähnung wert. Die durch traurige Todesfälle zu ersetzenden Stimmen von Nebencharakteren wie Reverend Lovejoy, Professor Frink und Bürgermeister Quimby sind weiterhin ungewohnt, allerdings wurde guter Ersatz gefunden, sodass man dies ebenfalls als positiv beurteilen kann. Auch Anke Engelke findet immer besser in ihre Rolle hinein, ihre Interpretation der Marge ist glaubwürdig und kann mittlerweile als absolut adäquater Ersatz für die (allerdings unübertreffbare) Elisabeth Volkmann angesehen werden.
Auch die wenigen neuen Charaktere, wie Lisas neuer irischer Freund Colin, wurden gut besetzt durch Stimmen, die man nicht in jeder Episode der Serie hören kann und sind von daher glaubwürdig. Als Fazit bleibt mir nur zu sagen, dass ich positiv überrascht war vom Film. Ich hatte als Fan seit nun mehr als 15 Jahren meine Zweifel, ob die Qualität in einem über 80-minütigen Film (die verbreiteten 87 Minuten kommen allenfalls zustande, wenn man den sehr langen Abspann komplett mitrechnet, in dem zwar auch noch Szenen enthalten sind, diese rechtfertigen die 87 Minuten aber kaum) bestehen bleiben könnte. Kurze und knappe Antwort darauf: Ja, sie kann es!
Sicher stellt der Simpsons Film keine Revolution des Kinos dar. Aber dies war auch nicht zu erwarten. Ich muss jedoch gestehen, dass ich bei der Serie selten soviel gelacht habe, wie beim schauen des Films. Als kleines Beispiel sei hier der Eisbär erwähnt, dem Homer in Alaska begegnet. Zwar hat dieser nur einen kurzen Auftritt, hat währenddessen aber für mehrere Lacher bei mir gesorgt. Und auch Hardcore-Fans kommen noch auf ihre Kosten, wenn zum Beispiel am anderen Ende der Springfield-Schlucht immernoch der kaputte Krankenwagen aus der Episode Der Teufelssprung am Baum steht.
Natürlich mussten Abstriche gemacht werden, damit auch Zuschauer, die keine Fans der Serie waren, den Film verstehen können und so kommt vorallem der Bart/Flanders Plot etwas konstruiert daher, zu sehr in Richtung "heile Welt", mit der man die Kritiker aus dem Kreis der Familien wohl besänftigen wollte. Dieser Storyteil bekommt erst gegen Ende des Films eine große Bedeutung, wenn es statt der Katastrophe zum Happy-End und der Versöhnung zwischen Vater und Sohn kommt.
Echte Fans werden den Film ohnehin nicht verpassen und auch Neueinsteiger werden ihre Freude am Film haben, denn viele Gags sind auch ohne Vorwissen über das Simpsons-Universum lustig. Ob groß oder klein, wie von einem guten Animationsfilm (und als solch einer kann auch eine 2D-Komödie angesehen werden) zu erwarten, gibt es sowohl Slapstick als auch anspruchsvolleren Humor bzw. Parodien, die für Kinder kaum ersichtlich sind, bei Erwachsenen aber mindestens ein Schmunzeln hervorrufen dürften.
Steffen Schmidt